Realistische Haare zeichnen in 8 Schritten
Viele Kreative haben Schwierigkeiten dabei, ihren Portraitzeichnungen eine schöne Frisur zu geben. Ich wurde schon öfters gefragt „Wie machst du das, dass die Haare so realistisch aussehen?“. Einige beschweren sich: „Haare zeichnen ist so aufwändig“. Doch das muss es nicht sein. Hier erfährst du, wie du in 8 einfachen Schritten Haare zeichnen kannst, am Beispiel einer Langhaarfrisur.
Neugierig? Los geht’s!
Darf ich mich kurz vorstellen?
Ich bin Sabrina Hassler, Illustratorin und Künstlerin aus Salzburg. Meine große Leidenschaft ist das Zeichnen und meine liebsten Motive sind Menschen, Tiere und Pflanzen. Durch jahrelanges Üben habe ich mir viele Techniken und Tricks angeeignet, die ich gerne an andere Kreative weitergebe. Auf meinem Blog findest du weitere Anleitungen und Anregungen und auf meiner Webseite bekommst du einen kleinen Einblick in meine Arbeiten als Illustratorin.
Benötigte Zeit: ca. 45 min
Materialien
- Bleistifte (H-4B)
- Schwarzer Buntstift
- Radiergummi und Radierstift
- Papierwischer (auch Estompe)
- Zeichenpapier
Vorbereitungen
Drucke dir dein Referenzfoto mehrmals aus. Einmal druckst du es ganz normal auf Druckerpapier aus (am besten in Graustufen wenn du mit Bleistift zeichnest). Weitere Kopien sollten idealerweise ein bisschen heller und ein bisschen dunkler als das Original sein.
Warum?
Auf dem helleren Druck siehst du dunkle Stellen mit mehr Details und auf der dunkleren Kopie treten die Highlights besser hervor. Das hilft dir später dabei, eine kontrastreiche Zeichnung zu erstellen. Solche Helligkeits-Änderungen kannst du mit jedem gängigen Fotobearbeitungsprogramm vornehmen. Außerdem brauchst du eine extra Kopie, um dir Hilfslinien einzuzeichnen.
1. Umrisse zeichnen
Im ersten Schritt zeichnest du vorsichtig die Umrisse von Kopf, Hals und Haaren auf deinem Zeichenpapier ein. Verwende dafür einen eher harten Bleistift (zum Beispiel H oder HB) und drücke nicht zu fest an. Am Anfang kommt es oft vor, dass man Fehler macht und etwas ausbessern muss, deshalb sollten deine Striche nicht zu fest sein.
Falls du Probleme hast, die richtigen Proportionen zu treffen, versuche dir dein Motiv in einfache Formen zu zerlegen (zum Beispiel Kreise und Rechtecke). Mir hilft es auch, wenn ich Hilfslinien einzeichne, zum Beispiel entlang der Mittelachse des Gesichts (von Stirn über Nase bis zum Kinn).
2. Analysieren
Nun analysierst du die einzelnen Haarsträhnen. Dazu nimmst du deine Extra-Kopie des Referenzfotos und versuchst in den Haaren abstrakte Formen zu erkennen. Zeichne diese abstrakten Formen mit einem gut sichtbaren Stift ein.
Hast du die Frisur in Formen eingeteilt, übertrage diese Formen auf deine Skizze ohne dabei fest anzudrücken.
3. Schattieren
Im nächsten Schritt geht es an die Schattierungen. Nimm nun einen weicheren Bleistift wie B oder 2B und schattiere die dunkelsten Stellen auf deiner Skizze. Meistens sind die Haare rund um den Hals und am Scheitel sehr dunkel. Wirf einen Blick auf deine hellere Kopie des Referenzfotos und schau ganz genau, wo das Bild am dunkelsten ist. Hier fällt am wenigsten Licht hin.
4. Form geben
Als nächstes gibst du den Haaren mehr Form, indem du jede Strähne einzeln schattierst. Achte dabei besonders darauf, dass deine Striche in dieselbe Richtung verlaufen, wie die Haare. Versuche die hellen Stellen so gut wie möglich auszulassen. Durch das Unterteilen in Formen, fällt dir dieser Prozess viel leichter und du kannst dich Stück für Stück über den ganzen Kopf arbeiten.
Tipps und Techniken, um dem Haar eine 3D-Form zu geben
Auf der Skizze siehst du, wie du eine einzelne Haarsträhne schattieren kannst. Zeichne deine Linien immer von außen nach innen, sodass sie nach innen weich auslaufen. In der Mitte der Strähne glänzen die Haare meistens, da dieser Teil am weitesten herausragt und somit das meiste Licht auffängt. Deshalb solltest du von außen nach innen vorgehen und in der Mitte Glanzstellen aussparen.
Dein Fokus sollte ganz klar auf der Form und nicht beim einzelnen Haar liegen. Je mehr Striche du von außen nach innen zeichnest, desto dunkler werden die Ausläufer. Das erzeugt mehr Kontrast zu den weißen (freien) Stellen in der Mitte. Dadurch sieht deine Strähne plastisch aus.
5. Weiche Übergänge
Der nächste Schritt ist eine Empfehlung und kein Muss – je nachdem, welches Ergebnis du gerne erzielen möchtest. Ich finde, es macht einen großen Unterschied, wenn man die Bleistiftstriche ein bisschen weicher macht und Übergänge glättet. Dafür nehme ich immer einen Papierwischer, du kannst aber auch ein Wattestäbchen nehmen. Damit fährst du vorsichtig über die Schattierungen und lässt dich von der Wuchsrichtung der Haare leiten. Helle Stellen solltest du aussparen. Oft passiert es, dass ich dabei versehentlich etwas verschmiere – das korrigieren wir aber im nächsten Schritt.
6. Highlights
Als nächstes nimmst du deinen Radierstift (oder einen spitz geformten Knetradiergummi) und radierst die Highlights aus (also die Glanzstellen, die das Licht am stärksten reflektieren). Wirf dazu einen Blick auf deine dunklere Kopie, denn dort siehst du die hellen Stellen besonders gut. Ein Radierstift eignet sich hierfür perfekt, weil du damit sehr präzise arbeiten und sogar einzelne Haare ausradieren kannst.
7. Kontrast
Jetzt sieht deine Zeichnung schon sehr gut aus, aber du kannst noch mehr herausholen. Nimm einen schwarzen Buntstift (weil deckender und weniger glänzend als Bleistift) und verdunkle nun noch einmal die dunklen Stellen deiner Zeichnung. Damit erzielst du einen höheren Kontrast, was deine Zeichnung noch realistischer wirken lässt.
8. Details
Der letzte Schritt macht den entscheidenden Unterschied. Wenn du willst, dass deine Zeichnung natürlich wirkt, solltest du auch noch ein bisschen Zeit in die Details investieren. Damit meine ich Einzelheiten wie kleine Haare, die nicht in die gewohnte Richtung verlaufen, fliegende Haare außen am Kopf oder auch über dem Gesicht, Haarspitzen, und eben alle kleinen Ausreißer, die die Frisur „echt“ wirken lassen. Ein paar fliegende Haare am Kopf außen kannst du mit einem harten Bleistift einzeichnen. Diese sind meistens nur ganz dünn und von weitem kaum erkennbar. Um einzelne Haare über dem Haupthaar einzuzeichnen eignet sich der Radierstift. Radiere damit über größere dunkle Flächen, um ein Haar hervorstehen zu lassen.
Schau dir dein Referenzfoto noch einmal genau an und entscheide selbst, welche Details du gerne einzeichnen möchtest und welche die Frisur einzigartig machen.
Tipp: Details einzeichnen
Hier siehst du noch einmal genauer, wie solche Details aussehen können. Manche „Ausreißer“, werfen auch einen eigenen Schatten auf das darunterliegende Haar.
Vermeide hart auslaufende Spitzen, indem du den Druck auf den Bleistift am Ende verringerst.
Ich hoffe, dass dir das Haare zeichnen mit diesen Tipps von nun an besser gelingt und auch mehr Spaß macht. Ganz nebenbei übst du beim Haare zeichnen auch das Schattieren, das Zeichnen von Texturen und verbesserst deine künstlerische Analysefähigkeit von komplexen Motiven. Hast du das Grundprinzip erst verstanden, kannst du deiner Fantasie freien Lauf lassen und interessante Frisuren oder auch Fell zeichnen. Ich würde mich freuen, von deinen Erfahrungen zu hören – hier kannst du mich kontaktieren.
Zeichenkurse, die dir unter anderem das Zeichnen von Haaren unter Anleitung versierter Künstler:innen beibringen, findest du hier: Zeichenkurse der Zeichenfabrik.