Artists talk: Malerei von und mit Geraldine Blazejovsky

Für Frühaufsteher ist das Café Cuadro im 5. Bezirk die Idee! Bereits ab 8:00 Uhr kann in angenehmem Ambiente Kaffee getrunken, Zeitung gelesen und geplaudert werden. Hier haben wir Geraldine Blazejovsky getroffen, um mit ihr über Malerei, Unterricht und Wahrnehmung zu sprechen.

Who’s she?

Seit Anbeginn dabei! Wir stellen euch eine unserer ersten Dozentinnen vor: eine Malerin, die ihrem Gefühl mit Verstand vertraut! Seit ihrem Studium für Malerei und Grafik an der Hochschule für angewandte Kunst, an der Akademie der bildenden Künste in Wien und an der Denmarks Designskole in Kopenhagen, widmet sich die in Wien geborene Künstlerin Geraldine Blazejovsky der figurativen Ölmalerei. Sie interpretiert die Wirklichkeit, erfasst die Aura der Personen. Inspiriert durch schöne Farbkontraste erlebt sie die Welt bunt.

»Jedes Bild hat eine Aussage. Es gibt keine Wertung. Wir produzieren die Bilder, wir produzieren die Inhalte.« — Geraldine Blazejovsky

Grundlage der malerischen Arbeit…

…ist die Beobachtung, also die aufmerksame Wahrnehmung von Subjekten und Objekten. Geraldine nimmt die Farben ihrer Umgebung auf, bezieht ihr malerisches Augenmerk auf die Seele der Modelle und erfasst das Gesehene durch ihre eigenen Filter. Beeindruckend ist ihr Wissen und Archiv an Bildern und Farben. Über Jahre hat sich ein Fundament gebildet, das sie nun in ihrer freien Kunstvermittlungsarbeit teilt.

Wunder des Sehens

80 Prozent der Information über die Umwelt erhalten wir über unsere Augen. Wir erleben unsere optische Perzeption so alltäglich, dass sie fast banal wirkt; für Geraldine aber ein essenzielles Werkzeug und das Wichtigste in der Malerei: das Schauen.

»Der Maler ist das Auge der Welt.« — Otto Dix

Die Farben der Bilder mischen sich mit dem vorhandenen Licht. Dieses Seherlebnis der Vibration der Farben kann nicht ersetzt werden. Zum Beispiel haben Pigmente, die man nicht mischt, ein eigenes Spektrum. Das Licht mischt und interferiert mit der Lichttemperatur. Was wir sehen, wenn wir sehen, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und macht den Reiz aus. Geraldine liebt die unterschiedlichen Farbnuancen. Dadurch setzt sie ihre Sujets in ihre eigenen Farbräume: ockergelb, karminrot, ultraviolett. Ihre inhaltlichen Themen variieren, aber das Medium bleibt.

Experimentieren erlaubt!

Während Geraldine vor der Geburt ihrer Tochter vor allem figurativ arbeitete, tauchen ab Februar 2017 Berge auf. Dieser Einschnitt in ihrem Werk ist gleichzeitig eine Weiterentwicklung. Gerade die blauen Berge sind bemerkenswert in ihrer Tiefenwirkung – stechen heraus. Das Schwere, die Masse der Berge ist ein Sinnbild für Stabilität. Diese Erdung hat ihr geholfen, konsequent loszulassen: einen Strich stehen zu lassen, nicht akribisch und zeitintensiv perfektionistisch auszubessern. Das Bild entsteht auf der Leinwand, aus Fragen nach Fläche und Form, Farbe und Komposition.

Berg @ Geraldine Blazejovsky
Foto © Geraldine Blazejovsky

»Berge sind harmonisch – etwas, was einen wieder herunterholt. Jedes Bild ist in schwere und leichte Teile gegliedert. Es geht um Stabilität und Ausgewogenheit – leuchtenden Farben auf lasierendem Hintergrund.« — Geraldine Blazejovsky

Malereiunterricht: Schicht für Schicht

Wahrnehmen!

Die Geheimnisse der Malerei erschließen sich durch Perzeption. Die Wahrnehmung von Sinneseindrücken ist ein bewusster Vorgang im Gehirn und kann trainiert werden, um das Sehen "aufzubrechen".
Geht es euch auch so: Ihr schaut euch ein Gemälde an und könnt nicht wirklich etwas damit anfangen? Geraldine ist Spezialistin! Sie schaut genau, sie schaut exakt. Einige Regeln gibt es eben doch! Deshalb reflektiert Geraldine ausgiebig über das Gesehene – sowohl auf eurer Leinwand, als auch im Museum und auf der Straße.

»Aufmachen und dazugeben! Die Poesie addieren. Schau dir eine Gemädegalerie an und suche die Indikatoren! Suche zum Beispiel die dunkelste Stelle im Gesicht, ist das in jedem Bild so? Und wenn das so ist, hast du ein Rezept gefunden. Dann schau in der U-Bahn, schau dir die Menschen an! Suche in deren Gesichtern die dunkelste Stelle. Schritt für Schritt öffnet sich der Blick. Für "Rezepte" ist das sehr praktisch. Aber der Blick öffnet sich auch für das Besondere, für die Unterschiede, die jemanden einzigartig machen, für die Poesie. Und man hat sich ein Stückchen mehr Aufmerksamkeit erobert.« — Geraldine Blazejovsky

Das optische Bildverständnis wird durch Museumsbesuche verankert. Das, was uns die Originale offenbaren, ist nicht vergleichbar mit ihren Reproduktionen. In Bildergesprächen, die Geraldine organisiert, lernt ihr über die Wahrnehmung bewusst zu sprechen.

Geschicktes Handwerk!

»Bei der Abstraktion setzt du unheimlich viel Bildbildung - also eine optische Bildung voraus, aber bei der gegenständlichen Malerei steht die Auseinandersetzung im Vordergrund. Es setzt sich niemand mit einem abstrakten Bild auseinander, der keine entsprechende Bildungsgrundlage hat. Wenn doch, dann gibt’s in der Regel nur eine Interpretation: "Das kann ein Affe auch!" Aber bei der gegenständlichen Malerei findet jeder einen Weg zur Auseinandersetzung – auch ohne Bildungsgrundlage.« — Geraldine Blazejovsky

Ein Foto wird Ausgangspunkt, aber nicht Thema der gegenständlichen Malerei. In ihrem Basiskurs arbeitet ihr intensiv an einem Bild und lernt dabei das Malen, die Farbräume und Komposition. Es sind malerische Übungen, die das Sehen trainieren und die Technik verfestigen. Mit vielen Schichten zum Ergebnis kommen: ein technisch gut gemaltes Bild!

Arbeit Kursteilnehmer/in SS2017
Foto © Kursteilnehmer/in, Sommersemester 2017

»Jede Kunst schließt ein Handwerk in sich ein; das Handwerk der Kunst nenne ich den Teil derselben, der gelehrt und gelernt werden kann; wo das Handwerk aufhört, da beginnt erst die eigentliche Kunst.« — Otto Ludwig

Mut machen!

Wer kennt das nicht: Wann ist ein Bild fertig? Was will ich zum Ausdruck bringen? »Der Satz ´Aller Anfang ist schwer´, gilt nur für Fertigkeiten.
In der Kunst ist nichts schwerer als beenden
und bedeutet zugleich vollenden.«
— Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

Jeder hat sein eigenes Tempo und Geraldine will, neben der technischen Vermittlung, vor allem die Angst abbauen, die Hemmschwellen reduzieren. In ihrem Kurs für Fortgeschrittene werden die KursteilnehmerInnen aufgefordert, ihrem eigenen Blick mehr zu vertrauen und Raum zu geben. Vorlagen, mitgebrachte Fotos etc. werden malerisch umgesetzt und interpretiert. Der Fokus dieses Kurses liegt darauf, was nach dem Handwerk kommt...

»Im Basiskurs ist es so, dass man vor allem Technik lernt, also die exakte Bearbeitung eines Bildes. Das ist die Voraussetzung zu dem, was im Fortgeschrittenen-Kurs kommt, dann geht es um die Freiheiten. – Was haben wir bereits gelernt? Was ist mein persönlicher Pinselduktus? Was ist meine Farbpalette? Welchen Bildinhalt möchte ich transportieren? Das, was wir akribisch und teils mühevoll im Grundkurs durchlaufen haben, haben wir geprüft und die Freiheit erlangt, darauf vertrauen, es anwenden zu können. Und immer dran bleiben!« — Geraldine Blazejovsky

Lust zu malen? Aber denkt dran: »Jede Abbildung verlangt ein bestimmtes Format, eine bestimmte Ausgewogenheit und eine bestimmte Linienführung.« — Geraldine Blazejovsky

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